Die Bundesregierung versteht Lebensqualität als Leitbegriff einer Politik, die zugleich ökonomische, soziale und ökologische Ziele verfolgt. Längst geht es nicht mehr nur darum, für Wachstum und materiellen Wohlstand zu sorgen. Es geht nicht nur um ein „Mehr“ an materiellen Gütern, sondern um ein „Besser“ bei der Qualität ihrer Produktion und bei ihrer Verteilung, aber auch bei den Chancen für ein gutes Leben und den Bedingungen, in denen wir leben. Die unterschiedlichen Aspekte von Lebensqualität, Wohlstand und Fortschritt in ihren positiv verstärkenden wie konkurrierenden Wechselbeziehungen zu sehen, ist eine wichtige Voraussetzung für wirksames Regierungshandeln. Die Verbesserung der Lebensqualität ist Aufgabe der Politik ebenso wie gesellschaftlicher Kräfte, der Wirtschaft und nicht zuletzt der einzelnen Bürgerinnen und Bürger selbst.
Lebensqualität ist ein offener Begriff. Er spiegelt die Bemühungen um gesellschaftlichen Fortschritt, an dem möglichst viele Menschen auf Dauer teilhaben sollen. Es gibt dabei keinen abgeschlossenen, feststehenden Katalog von Dimensionen und Aspekten von Lebensqualität. Herausforderungen und Prioritäten wandeln sich.
Zwölf Dimensionen und 46 Indikatoren sowie zwei Platzhalter zur Beschreibung und Messung von Lebensqualität hat die Bundesregierung auf der Grundlage des Bürgerdialogs und seiner Auswertung
ausgewählt. Dabei wurden auch Erkenntnisse aus der interdisziplinären Lebensqualitätsforschung sowie wichtige nationale und internationale Referenzprojekte berücksichtigt.
Indikatoren geben Orientierung. Es sind statistische Hilfsmittel, die den aktuellen Stand der Lebensqualität in den verschiedenen Dimensionen zeigen. Über die Zeit beobachtet, zeigen sie, wie sich relevante wirtschaftliche, soziale, ökologische und politische Ziele, Zustände und Strukturen entwickeln. Sie machen frühzeitig auf kritische Entwicklungen aufmerksam und helfen – Politik und anderen Akteuren gleichermaßen – potentielle Handlungsfelder zu identifizieren. Indikatoren ermöglichen die Überprüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität. Sie ermöglichen eine sachliche Diskussion über Fortschritt oder Rückschritt einer Gesellschaft.
Alle Dimensionen und Indikatoren stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander. Die Bundesregierung nimmt bewusst keine Hierarchisierung und Gewichtung vor. Alle Dimensionen, Aspekte und Blickwinkel sind gleichermaßen wichtig.
Die Gesamtschau über das Indikatoren-System macht thematische Schnittstellen, Zusammenhänge und teilweise Spannungsverhältnisse deutlich. Sie ermöglicht eine sorgfältige Situationsanalyse und fundierte Diskussion über vordringliche Handlungsfelder. Entscheidungen über Prioritäten und geeignete Maßnahmen sind als Teil des demokratischen Prozesses fortlaufend zu treffen.
Die Bundesregierung plant, den Bericht zur Lebensqualität in Deutschland einmal je Legislaturperiode fortzuschreiben. Daraus soll ein neues Berichtswesen entstehen, das sich in einem offenen und lernenden Prozess stetig weiterentwickeln kann. Die Datengrundlage zu einigen Dimensionen und Indikatoren muss verbessert und bestehende Datenlücken müssen geschlossen werden. Grundsätzliche Aspekte, etwa Zahl und Zuschnitt der Dimensionen und Auswahl der Indikatoren, sind offen für die Weiterentwicklung. Der Bedeutung neuer gesellschaftlicher Trends, politischer Herausforderungen oder wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Lebensqualität in Deutschland kann auf diese Weise Rechnung getragen werden.
Das vorliegende Berichts- und Indikatoren-System erlaubt eine erste Bestandsaufnahme der Lebensqualität in Deutschland. Auf seiner Grundlage ist es zukünftig möglich, politischen Handlungsbedarf zu identifizieren und wirksame Maßnahmen zu entwickeln, um die Lebensqualität in Deutschland zu erhalten und zu verbessern. Dies ist Aufgabe der nächsten Jahre.
Die Auswahl und Schwerpunktsetzung der zu behandelnden Handlungsfelder und Maßnahmen hängt auch von der politischen und gesellschaftlichen Diskussion darüber ab, „was uns wichtig ist“. Der Bericht will den Diskurs darüber in der Öffentlichkeit anregen und die politische Debatte stärker an der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger ausrichten. Es ist ihr Verständnis von Lebensqualität, das hier zentraler Dreh- und Angelpunkt ist. Wird in Zukunft die politische Diskussion stärker als bisher aus der Sicht und Lebensrealität der Bürgerinnen und Bürger geführt, dann hat der Bericht bereits ein wichtiges Ziel erreicht.
Ziel der Bundesregierung ist es, mit Hilfe dieses Berichts- und Indikatoren-Systems im Rahmen ihrer Kompetenzen und politischen Möglichkeiten die Lebensqualität in Deutschland zu verbessern. Der Bürgerdialog hat allerdings auch deutlich gemacht: Lebensqualität in Deutschland ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Für ein hohes Maß an Lebensqualität und den Erhalt von Lebensqualität für künftige Generationen braucht es auch die Zusammenarbeit von Bürgerinnen und Bürgern, gesellschaftlichen Gruppen, von Wirtschaft, Kultur und Politik. Das Indikatoren-System kann dafür allen gesellschaftlichen Kräften hilfreiche Orientierung geben.